Neue Begriffe für die Einwanderungsgesellschaft

In einer sich wandelnden Gesellschaft verändert sich auch die Sprache. Von Victor Klemperer stammt die treffende Formulierung: „Worte können wie winzige Arsendosen sein. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu haben, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“ Victor Klemperer hatte die Veränderung der Sprache in der Zeit des Nationalsozialismus studiert und kritisch in seinen Tagebüchern kommentiert.

Insbesondere in den Medien wird über Sprache kommuniziert. Die Reichweite und "Autorität" des Mediums hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Kommunikationskultur in der Gesellschaft. Doch nicht alle verwendeten Begriffe sind wertfrei, korrekt oder präzise und nicht alle sind austauschbar verwendbar.

Diesem Umstand Rechnung tragend, haben die Neuen Deutschen Medienmacher einen Glossar erstellt, der Formulierungshilfen und alternative Begriffe für die Berichterstattung in der Einwanderungsgesellschaft Deutschland bereit hält. Die Themenfelder sind weit gespannt. Von Migration, Kriminalitätsberichterstattung, Minderheiten, Flucht und Asyl bis hin zu den die Feldern Rechtspopulismus und -radikalismus reicht die Bandbreite. Und nicht zuletzt wird die zentrale Frage beleuchtet, wer sind "wir" und wer die "anderen"?

Die Neuen Deutschen Medienmacher (NdM) sind ein Zusammenschluss von Medienschaffenden mit und ohne Migrationsgeschichte. Der Glossar wurde in ehrenamtlicher Arbeit erstellt, unterstützt von einer Gruppe von Wissenschaftler*innen, Expert*innen und Journalist*innen. Das Projekt wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und der Bundeszentrale für politische Bildung finanziell unterstützt.

Es gibt viel zu entdecken. Die durchgängig wissenschaftlich fundierten Erklärungen geben einen interessanten Anreiz in das Entwicklungspotential unserer Kommunikation einzutauchen. Dabei besteht die Hoffnung, dass nach der Lektüre ein salopper Kommentar wie "Das wird man doch noch mal sagen/schreiben/senden dürfen!" zumindest zum Überdenken anregt oder eine Entschuldigung nach sich zieht. Zum Beispiel einfach, weil man sich seines Sprachgebrauchs bewußter geworden ist. Doch noch besser wäre es, wenn sich durch die Reflexion über die Ausdrucksweise mit der Zeit eine andere Sprachkultur entwickelt, die einerseits präziser und differenzierter wird in der Benennung von Mehr- und Minderheiten. Und andererseits genügend Alternativen und Formulierungshilfen bereithält, die die "Fettnäpfchen" und das Diskriminierungspotential diskriminierender Sprache gekonnt zu umgehen hilft und beendet.